Nach unseren Besuchen beim DLR und Wacker folgte nun am 08.02.2023 der dritte Besuch des TUMKollegs außerhalb der Fakultäten der TU München, nämlich bei der Firma IWIS in Landsberg am Lech. Doch was macht IWIS? Diese Frage stellten wir uns auf unserer Busfahrt nach Landsberg. Kaum angekommen, wurden wir freundlich von Frau Claudia Hahn begrüßt. Herr Danimir Risonjic von der Personalabteilung und Ausbildung, der per Videokonferenz zugeschaltet war, erklärte uns dann, dass IWIS ein international tätiges Unternehmen ist, welches Autoteile, hauptsächlich Ketten, aber auch Industriemaschinen, Förderbänder und vieles mehr herstellt.
Nach dieser sehr prägnanten Unternehmensvorstellung ging es sofort mit Herrn Franz Stiglmaier weiter. Dieser arbeitet als Konstruktionsleiter bei IWIS und schilderte uns modellhaft den Tagesablauf eines Ingenieurs. Dabei ging er zuerst auf die Fähigkeiten ein, die ein Ingenieur haben sollte. Es ist wichtig eine ausgeprägte Teamfähigkeit zu besitzen, da die meisten herzustellenden Teile in Teamwork geplant und konstruiert werden. Im Unternehmen ist es keine Besonderheit, dass sich eine Gruppe von Ingenieuren aus Menschen aus aller Welt zusammensetzt. Durch die Digitalisierung können Menschen aus Indien, Amerika, China und Deutschland problemlos zusammenarbeiten.
Das bringt uns schon zu dem ersten Punkt des beispielhaften Tagesplans von Herrn Stiglmaier: Ein Meeting mit anderen Ingenieuren über die Problematik, dass die gelieferten Hülsen für im Motor von Autos verbaute Federn eine zu kleine Öffnung besitzen, sodass die Sicherheit im Motor nicht mehr gewährleistet werden kann. Was nun? Diese Frage stellte Herr Stiglmaier uns Schülerinnen und Schülern. Es war eine Abwägungsaufgabe, denn, wenn es zu Fehlern im Motor kommt, können Menschenleben gefährdet werden und auf die Firmen könnten hohe Forderungen auf Entschädigung zukommen. Andererseits verliert das Unternehmen bis zu 6000 € pro Minute Fließbandstillstand. Nach mehreren Vorschlägen, die von „man sollte weiterproduzieren“ bis „das Band muss stehen“ reichten, kam die Auflösung: Es müssen Tests ausgeführt werden, um zu schauen, inwiefern die Leistungsfähigkeit der Feder beeinflusst wird. Als nächstes stand noch ein Meeting auf dem Tagesplan. Dieses Mal aber mit den im Ausland tätigen Ingenieure. Jede Gruppe hatte etwas zu berichten, daher sind wir zum Beispiel genauer auf den Vorschlag der chinesischen Kolleginnen und Kollegen, wie durch den Kauf chinesischen Stahls Kosten gespart werden könnten, eingegangen. Nun war es wieder unsere Rolle herauszufinden, ob das so eine gute Idee ist, dafür wurden uns die Datenblätter des jeweils zu untersuchenden Stahls zur Verfügung gestellt. So stellte sich heraus, dass der chinesische Stahl wesentlich belastbarer war als der vorher importierte. Ein weiteres Problem wurde gelöst. Als letzten großen Punkt hatten wir auf unserem „fiktiven“ Tagesplan noch die eigene Fokuszeit, in welcher wir uns die Vor- und Nachteile verschiedener Antriebsarten erarbeiteten. Dieser Vortrag gab uns einen tiefen Einblick in die Arbeitswelt eines Ingenieurs bei IWIS und zeigte, was für ein Allrounder ein Ingenieur in der Problemlösung sein muss. Nach diesem sehr spannenden und auch lehrreichen Vortrag wurden wir von der Firma zum Mittagessen geladen und durften uns an einem üppigen Buffet bedienen.
Nachdem wir uns stärkten, fing das Nachmittagsprogramm an. Wir wurden in zwei Gruppen eingeteilt. Die erste Gruppe ging zunächst in die Ausbildungswerkstatt, wo unter Anleitung der Auszubildenden verschiedene Experimente durchführt wurden. So hatten wir die Möglichkeit einen Roboterarm zu justieren, was sich als überraschend schwer herausstellte. Die Schwierigkeit lag darin, im ersten Schritt der Arm in möglichst geraden Linien per Hand zu bewegen und Punkte im Raum zu markieren, die der Arm danach im zweiten Schritt selbstständig anfahren soll. Genau dieses Verfahren wird auch in der Fabrik für die großen Greifarme verwendet.
Außerdem durften wir einen Computer für das pneumatische Öffnen und Schließen eines Kolbens programmieren und anhand des Luftdrucks in einer pneumatischen Röhre die Masse eines Stahlstücks bestimmen, um zu verstehen, wie Pneumatik generell funktioniert und uns ein von den Auszubildenden gebautes Robotersystem anschauen, welches mithilfe verschiedener Sensoren unterscheiden konnte, welche Farbe gewisse Plastikbausteine haben.
Während die erste Gruppe in der Ausbildungswerkstatt tüftelte, wurde die zweite Gruppe von zwei Auszubildenden durch die direkt angrenzende Kettenfabrik geführt. Die Führung fing im Rohstofflager an, in welchem mehr als 400 Tonnen Rohstoff gelagert werden. Danach ging es in die Verarbeitungshallen, in welchen die Stahlrollen entwickelt und dann in verschiedenen Maschinen, wie zum Beispiel in einer Stanzmaschine verarbeitet wurden. Anschließend werden die Metallstücke im Ofen gebrannt und in Öl gebadet, um den Stahl zu härten. In der nächsten Halle konnte man dann alle einzelnen Teile sehen und in den Maschinen beobachten, wie aus all diesen Teilen Stück für Stück eine Kette als Endloskette entsteht. Erst später wird sie in kleinere Stücke geteilt. Beeindruckend ist, dass hier 70 km Kette pro Tag entstehen!
In der Fabrik werden aber nicht nur Ketten, sondern auch Steckerverbindungen produziert. Diese kann man sich wie die normalen Stecker für die Steckdose vorstellen, nur ausgefuchster, da sie durch mehr Kontaktfläche eine bessere Stromübertragung erlauben. Solche Stecker werden vor allem in Laboren verwendet. Nach diesem kleinen Extra wurden die Gruppen getauscht. Schließlich ging unser spannender, interaktiver, aber auch informativer Tag zu Ende und wir machten uns zufrieden auf den Weg nach Hause.
Wir bedanken uns herzlichst bei Frau Hahn und allen Beteiligten, die uns diesen Tag ermöglicht haben!
Alexander Hutanu, Moises Valdivia
Bilder: Jakob Klinger, Alexander Hutanu