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Im Rahmen des TUMKollegs hatte ich im Juli 2023 die tolle Möglichkeit, zwei Praktika zu absolvieren.

1. Deutsches Elektronen-Synchrotron, Zeuthen (Brandenburg), 1. bis 8. Juli 2023

Das erste Praktikum führte mich an das Deutsche Elektronen-Synchrotron (DESY) in Zeuthen bei Berlin.[1]

a) Informationen zum DESY

Das DESY ist weltweit eines der führenden Teilchenbeschleunigerzentren. 1.300 Wissen­schaftler*innen  und jährlich über 3.000 Gastforscher*innen aus über 40 Nationen führen hier Grundlagenforschung zu Dynamik, Struktur und Funktionen von Materie durch. Die Forschungs­bereiche unterteilen sich in Teilchenphysik, Photonenforschung und Astroteilchenphysik.[2] Ich war im Bereich Astrophysik eingesetzt und konnte dort spannende Einblicke in die Arbeitsweise und Kultur einer internationalen wissenschaftlichen Forschungsorganisation gewinnen.

b) Tätigkeit, Erfahrungen und Erkenntnisse

Das Praktikum dauerte eine Woche. Es ging täglich von 10 Uhr bis 17 Uhr, ich bin aber meistens aufgrund der spannenden Einblicke etwas früher gekommen und auch etwas länger geblieben.

Am ersten Praktikumstag erhielt ich zunächst eine Einführung. Mein Betreuer Tim Holch zeigte mir das Gebäude und führte mich in die verschiedenen Themenbereiche ein. Anschließend arbeitete ich an drive-Software für den Prototypen ein neuen Cherenkov-Teleskops. Das Cherenkov Telescope Array (CTA) ist ein internationales Forschungsprojekt unter wesentlicher Beteiligung des DESY zur Entwicklung eines Teleskopverbunds. Entstehen soll ein bahnbrechendes astronomisches Observatorium zur Beobachtung von Gammastrahlen aus dem Universum und zugleich das weltgrößte und empfindlichste Observatorium für hochenergetische Gammastrahlung. Tim hat mithilfe eines 3D-Druckers, zwei Stepper-Motoren und einem Raspberry Pi[3] einen Prototypen gebaut,[4] der sich ähnlich wie das zu bauende Teleskop bewegt. Den Motor kann man durch den Raspberry Pi mithilfe der Sprache Python schrittgenau ansteuern. Nachdem Tim mir das Arbeiten mit GPIO-Pins des Raspberry Pi erklärt und den Prototypen zusammengebaut hatte, konnte ich direkt mit dem Coden beginnen! Als erstes habe ich natürlich den schon bestehenden Code ausprobiert und etwas mit dem Prototypen gespielt, um seine Funktionsweise zu verstehen. Danach habe ich direkt mit der Entwicklung neuer Funktionen begonnen. Über die Woche habe ich das direkte Ansteuern von Himmelsobjekten[5] und das kontinuierliche Verfolgen, das synchrone Bewegen beider Achsen und damit auch Multithreading in Python programmiert. Eine besondere Anforderung ist, dass das Teleskop immer den schnellsten Weg nimmt, ohne dass die Kabel reißen.

Zusätzlich habe ich eine Führung durch das Lichtlabor des DESY bekommen. Dort testen die Wissenschaftler Sensoren vor allem für neue Satelliten, aber beispielsweise auch für Kameras. Ebenfalls durfte ich den Hess-Kontrollraum[6] besuchen, wo das Hess-Teleskop[7] überwacht und gesteuert werden kann.

Auch durfte ich bei einem Seminar teilnehmen, wo ich eine engagierte Debatte zwischen Experimentalphysikern und theoretischen Physikern beobachten konnte. Am letzten Praktikumstag, dem Freitag, habe ich im sog. Gamma-Meeting, einem Treffen, bei dem alle Mitglieder der Gammastrahlen-Arbeitsgruppe ihre aktuelle Arbeit vorstellen vor den anwesenden Wissenschaftlern kurz meine Tätigkeit mit dem Prototypen präsentiert.

Das Besondere an der Astrophysik ist, dass sie sehr vielseitige Tätigkeiten mit sich bringt. Man kann selber etwas bauen (wie einen Prototypen für ein neues Teleskop), man schreibt Code oder arbeitet an Softwarearchitektur, sowohl für die Teleskope selbst als auch für die Analyse von Daten. Die Tätigkeit bewegt sich auch in der klassischen Physik, z.B. durch die Forschung zur Entstehung von Gamma-Teilchen oder durch das benötigte Verständnis für die Bewegungen der extraterrestrischen Objekte im Bezugssystem Erde.

Insgesamt habe ich im Praktikum einen sehr interessanten Einblick in astrophysische Anwendungen für das Programmieren mit Python gewonnen. Ich habe das Arbeiten mit git, mit Raspberry Pies und mit Stepper-Motoren gelernt. Durch den Anwendungsbezug zum Cherenkov Telescope Array konnte ich mich mit der Physik von Gamma-Strahlen befassen und ein erstes Verständnis hierfür entwickeln. Darüber hinaus habe ich einige Erkenntnisse über die Funktionsweise eines Teleskops gewonnen. Besonders die Überschneidung von Physik und Informatik fand ich in Bezug auf meinen Studienwunsch – Physik und/oder Informatik – und auf mögliche spätere Anwendungen im Berufsleben sehr interessant. Das Praktikum hat mich in meinem Interesse sehr bestärkt.

2. codecentric AG, Solingen, 09. bis 29. Juli 2023

Nach einer ausgiebigen Fahrradtour über den Berliner Mauerweg ging es für mich direkt weiter nach Solingen, wo ich zwei Wochen bei der dortigen Niederlassung der codecentric AG verbringen durfte.[8]

a) Informationen zur codecentric AG

Die codecentric AG ist eine IT- und Management Beratung sowie ein Softwareentwickler.

b) Tätigkeit, Erfahrungen und Erkenntnisse

Die Arbeitszeiten hier waren ähnlich wie beim DESY. Je nach Zuverlässigkeit der S-Bahn bin ich zwischen 9:30 und 10 Uhr angekommen. Um 10 Uhr hatten wir eine kurze Besprechung, was wir an dem Tag erreichen wollten. Anschließend habe ich bis meistens 17 Uhr Code geschrieben, ihn getestet, meinem jeweiligen Betreuer erklärt und den Code verbessert. Am ersten Dienstag hatte mein Betreuer keine Zeit und der SEV ist nicht gefahren. Deshalb habe ich „Home Office” und die Verlockung der Ablenkungen beim selbstständigen Arbeiten zuhause kennengelernt.

Begonnen hat das Praktikum mit einer Einführung in strukturierte Arbeitsweisen bei Softwareprojekten durch Simon Land, mein Betreuer für die ersten 6 Tage. Hier habe ich die Technik des „clean code“ kennengelernt: Es wird so viel wie möglich in einzelne Methoden und Klassen ausgelagert. Dabei muss man die Methoden und Klassen sehr präzise halten und den Variablen aussagekräftige Namen geben. Das führt dazu, dass man den Code beim Lesen sofort verstehen kann und nicht mal mehr Kommentare schreiben muss. Durch die Abkapselung jeder Funktionalität kann man sehr schnell erkennen, was der Code macht. Zusätzlich erleichtert die Abkapselung die Wiederverwendung und Anpassung des Codes.

Mit diesem Wissen habe ich von Montag bis Mittwoch eine Tic-Tac-Toe-Konsolenanwendung in Dart, einer Java-ähnlichen Programmiersprache, mit unschlagbarem Computergegner und einem beliebig großen Feld geschrieben. Am Donnerstag hat Simon mir dann Flutter gezeigt, eine Programmiersprache von Google, mit der man grafische Anwendungen für iOS, iPadOS, Android, Chromium-basierte Browser, Windows und macOS erstellen kann. Flutter-Apps bestehen aus Widgets, also Bildschirmelementen, welche man durch weitere Widgets beeinflussen und anordnen kann.

Meine nächste Aufgabe war, die Konsolenanwendung zu Flutter zu migrieren. Das hat mir praktisch vor Augen geführt, wie hilfreich Abkapselung bei Softwareprojekten ist. Dafür habe ich bis Montag gebraucht. Am Dienstag trug meine zweite Betreuerin, Elena Gossens, mir auf, in der Tic-Tac-Toe-App immer die aktuelle Temperatur darzustellen, sodass ich mich sowohl mit dem Erhalt der Standort-Erlaubnis am Smartphone als auch mit der Anbindung an eine API auseinandergesetzt habe. Am Nachmittag durfte ich sogar bei einem echten Projekt mithelfen, an dem Michael Gutbier, ein Kollege von Elena, gerade gearbeitet hat! Dabei waren die Erkenntnisse vom Anfang des Praktikums sehr nützlich. (Mehr darf ich wegen einer Vertraulichkeitsvereinbarung leider nicht berichten.)

Am Mittwoch hat mir Pia Eckert erklärt, wie codecentric Aufwandsabschätzungen für Softwareprojekte durchführt, was ich dann gleich für eine Schiffe-Versenken-App ausprobieren sollte. Anschließend habe ich meine Schätzung überprüft, indem ich mit der Implementierung begonnen habe und die tatsächlichen Aufwände mit meiner Schätzung verglichen habe. Am Donnerstag und Freitag habe ich selbstständig mit dem Schiffe-Versenken-Projekt weitergemacht und beim obengenannten Projekt reingeschaut. Am Freitag durfte ich, wie alle anderen Teammitglieder, beim „coffeekly“ meine aktuelle Arbeit sowie Herausforderungen (in dem Fall Multithreading in Flutter) vorstellen.

Zusammenfassend hat das Praktikum mir einige nützliche Fähigkeiten für das professionelle Schreiben von gut lesbarer Software in größeren Projekten gegeben. Da ich schon vor dem Praktikum mit SwiftUI Apps für iOS geschrieben hatte, war das Arbeiten mit Flutter genau das Richtige für mich, um Apps auch auf Android, Windows und im Browser laufen zu lassen. Auch dieses Praktikum hat mein Interesse für Softwareentwicklung weiter geweckt.

3. Kulturelle Erfahrungen

a) Unternehmenskultur und Arbeitsweise

Sehr auffällig und für mich aufschlussreich waren im Hinblick auf die Unternehmenskultur und Arbeitsweise die sehr unterschiedlichen Arbeitsweisen beim DESY und bei codecentric, obwohl meine Aufgaben bei beiden Praktika Softwareentwicklung enthielten. Beim DESY lag der Schwerpunkt auf dem wissenschaftlichen Teil: Wir haben viel mit Bibliotheken wie Astropy gearbeitet, um Daten abzurufen, und der Code war gut, sobald er funktioniert hat, ob er „clean” war, spielte keine Rolle. Das Ziel war die richtige Ausrichtung des Teleskops und das Verfolgen von Himmelskörpern und Python war ein Werkzeug, mit dem man auch viel ausprobiert hat. Bei codecentric ging es nur um den Code: Nachmittags haben wir immer den Code, den ich vormittags geschrieben hatte, angeschaut und Simon hat mir Hinweise gegeben, wie ich den Code lesbarer, abgekapselter gestalten könnte. Das Ziel war hier, effizienten, anpassbaren, lesbaren, wiederverwendbaren Code zu schreiben. Python war beim DESY sehr nützlich, da man dadurch, dass der Code beim Ausführen kompiliert wird, nach „trial and error” vorgehen kann. Bei codecentric wurde Python als „wilder Westen“ bezeichnet, da man wenige strukturelle Vorgaben wie feste Variablentypen verwendet. Da ich aktuell zwischen einem Physikstudium und einem Informatikstudium schwanke, war der Kontrast zwischen Softwareentwicklung in einer Forschungseinrichtung und einem Wirtschaftsunternehmen sehr aufschlussreich.

Dem aufmerksamen Leser könnte aufgefallen sein, dass ich mein Auslandspraktikum im Inland absolviert habe. Da im TUMKolleg eine wissenschaftliche Ausbildung großgeschrieben wird, habe ich das Thema des Praktikums über den Standort gestellt.[9] Zudem ist das DESY wie beschrieben ein internationales Institut mit Wissenschaftlern aus aller Welt, so dass ich auch die Möglichkeit hatte, die Arbeitsweise einer globalen Forschungseinrichtung kennenzulernen.

b) Land und Leute

In Berlin, wo ich während des ersten Praktikums wohnte, hatte ich außerdem ein interessantes kulturelles Erlebnis mit der „Rave The Planet“-Parade, die als Nachfolgerin der „Love Parade“ gilt. Diese Parade zusammen mit den täglichen Pendelerfahrungen haben mir gezeigt, dass Individualismus in Berlin deutlich wichtiger ist als in München; die Menschen trauen sich mehr, sich durch Kleidung, Frisuren und Tattoos auszudrücken. Die Radtour auf dem Mauerradweg hat mir verdeutlicht, dass hier bis 1989 die Berliner Mauer stand, die Berlin in Berlin-West und Berlin-Ost teilte. Wo sich früher die deutsche Teilung in einer Mauer manifestierte, können heute Fahrradfahrer einen Rundweg fahren und friedlich die Natur genießen. Dabei haben wir auch einen alten Grenzturm gesehen, der damals die Grenze überwacht hat. Das war ein eindrucksvolles Erlebnis an einem geschichtsträchtigen Ort.

Danksagung

Vielen Dank an meine Betreuer Tim Holch, Simon Lang, Elena Gossens, Pia Eckert, und an Michael Gutbier, die immer für meine Fragen ansprechbar waren und mir alles anschaulich erklärt haben. Ohne sie wären die Praktika nicht so spannend, informativ und doch spaßig gewesen. Nach Konfuzius braucht man keinen Tag zu arbeiten, wenn man seine Arbeit liebt. Trotz der recht intensiven Praktikumszeit hatte ich nie das Gefühl, langweilige, repetitive Aufgaben verrichten zu müssen. Ich habe in den Praktika sehr viel gelernt.

Vielen Dank an die Organisatoren des TUMKollegs, dass ich diese tolle Möglichkeit hatte, praktische Erfahrungen in unterschiedlichen Bereichen zu sammeln, einen ersten Eindruck vom Arbeitsleben zu gewinnen und das Leben als Selbstversorger kennenzulernen.


[1] S. Anhang, Abbildung 1.

[2] Vgl. DESY Jahresberichte 2022 zu Particle Physics, Photon Science und Astroparticle Physics, abrufbar unter https://www.desy.de/ueber_desy/jahresberichte/index_ger.html.

[3] Einplatinencomputer der Raspberry Pi Ltd., der zur Steuerung verschiedenster Geräte verwendet werden kann.

[4] S. Anhang, Abbildung 2.

[5] S. Anhang, Video.

[6] S. Anhang, Abbildung 3.

[7] S. Anhang, Abbildung 4.

[8] S. Anhang, Abbildung 5.

[9] Stattdessen war ich zwei Wochen später als einer von 270 Teilnehmern bei der dritten Runde des European Youth Parliament 2023 in Baku, Aserbaidschan, und habe dort den Auslandsteil sowie kulturelle Erfahrungen in einem recht autoritäten System, welches sich allerdings als Demokratie verkauft nachgeholt.

Anhang

Teleskop-Prototyp dreht sich zur Sonne

Video unter https://drive.google.com/file/d/1GcYOSEhOnBrPVXFsst9WPnldV-zHtN3z/view

Entwickelte Software

verschicke ich gerne auf Anfrage unter enno2email@gmail.com

Bilder

Abbildung 1: DESY, Standort Zeuthen (© DESY 2007) (abgerufen unter https://media.desy.de/DESYmediabank/desydownload/3.10189.512.2007-07-17_Luftbild_Zeuthen_MSA_D6644533.jpg?collection=SearchResult)

Abbildung 2: Prototyp des Cherenkov-Teleskops

Abbildung 3: Hess Kontrollraum

Abbildung 4: Hess Teleskop (abgerufen unter https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/c/c3/HESS_II_gamma_ray_experiment_five_telescope_array.jpg)

Abbildung 5: Arbeitsumgebung bei codecentric (abgerufen unter https://www.codecentric.de/_next/image?url=https%3A%2F%2Fmedia.graphassets.com%2Foutput%3Dformat%3Awebp%2Fdj2YtVrsQXWkL0sJI8dC&w=1920&q=75)

Tipps für kommende TUMKolleg-Praktikant*innen

  1. Pendeln ist nicht schlimm: Oft kann man außerhalb großer Städte deutlich billiger wohnen als innerhalb. Ich bin jeden Tag mindestens 2,5 Stunden gependelt, aber oft kann man in der Bahn oder im Bus weiterarbeiten oder einfach Musik hören und entspannen. Zieht daher auch Wohnungen und airbnbs in Betracht, die etwas weiter von eurem Praktikum entfernt sind, wenn es eine Anbindung an den ÖPNV gibt.
  2. Schaut euch frühzeitig nach Wohnungen um: Ich musste ein Praktikum beim Fraunhofer Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik, was sehr interessant gewesen wäre, absagen, da ich keine Unterkunft für Minderjährige in Kaiserslautern gefunden habe. Überlegt Euch vorher, wo Ihr gute Chancen auf Wohnungen habt, und fragt auch immer Eure Betreuer, ob sie Vorschläge haben.
  3. Billige Bahntickets: Bei Reisen innerhalb Deutschlands können ICE-Tickets teuer werden. Regionalbahn-Tickets oder ein Deutschland-Ticket sind oft billiger. Bei Reisen außerhalb Deutschlands lohnt sich oft ein Interrail-Ticket, da man eine 4-Tage-Flatrate für europäische Züge für 194€ erwerben kann. Das ist oft billiger, als die Fahrten einzeln zu kaufen.
  4. Billige Flugtickets: Fluggesellschaften verlangen immer mehr Geld für Direktflüge. Manchmal ist es billiger, zum Beispiel mit der Bahn nach Frankfurt zu fahren, um von da einen Flug zu nehmen.